Die Art, wie Menschen nach Gesundheitsinformationen suchen, hat sich radikal verändert. Wie immer gibt es zwei Möglichkeiten: Das neue Spiel verstehen, oder Sichtbarkeit verlieren.
In diesem Artikel erfährst du, wie sich die Online-Suche von kurzen Keywords zu ausführlichen, persönlichen Gesprächen mit KI-Tools entwickelt hat, was Social Media mit Suchverhalten zu tun hat und warum Google AI Overviews, ChatGPT und Perplexity für Heilberufler auch eine Chance bedeuten, die man nutzen kann.
Von kurzen Keywords zu echten Gesprächen
Früher: Die Ära der Stichwort-Suche
Erinnerst du dich? Menschen suchten online eigentlich immer mit knappen Begriffen:
- „Migräne Hausmittel“
- „Schlafstörung Therapie“
- „Rückenschmerzen Übungen“
Das war die Zeit, in der es reichte, die richtigen Keywords auf der Website zu haben. Wer für „Heilpraktiker München“ oder „Akupunktur Behandlung“ gut rankte, bekam Patienten.
Heute: Suche wird zum Dialog
Bis vor Kurzem war die Sache noch einfach: Jemand hatte Rückenschmerzen, tippte „Rückenschmerzen Hilfe“ bei Google ein und bekam eine Liste von Websites.
Heute läuft das völlig anders, und dieselbe Person schreibt in ChatGPT:
„Ich sitze beruflich 8 Stunden täglich am Computer, habe seit Wochen Schmerzen im unteren Rücken, die bis ins Bein ausstrahlen. Morgens ist es am schlimmsten. Was könnte das sein und was kann ich selbst tun, bevor ich zum Arzt gehe?“
Das ist nicht nur länger, sondern auch emotionaler, persönlicher und enthält viel mehr Kontext. Menschen teilen heute ihre ganze Geschichte mit, weil sie wissen, dass KI-Tools diese interpretieren können.
Dieser Shift ist nicht nur ein technischer Fortschritt, sondern er verändert auch fundamental, wie Menschen suchen. Weil sie es jetzt können.
Weniger Clicks, dafür aber mehr Qualität
Die Zahlen zeigen:
- 65% aller Gesundheitsfragen in der Google-Suche werden mittlerweile direkt von Google AI Overviews beantwortet (Studie Stand Oktober 2024)
- In den Google AI Overviews sind wenig bis gar keine Links zu externen Seiten. Nutzer geben sich meist zufrieden mit der Antwort. Die Klickrate ist somit seit Einführung der AI Overviews um ca. 35% gesunken.
- Auch ChatGPT wird zunehmend genutzt und beherrscht momentan ca. 80% des Suchvolumens im Hinblick auf die KI-gestützte Suche. Der Gesamtanteil an der Suche im Web ist immer noch sehr gering mit 0,25% (Stand März 2025), aber die Tendenz ist steigend. Diese Plattform zeigt nur Links, wenn du eine explizite Websuche startet.
- Perplexity zeigt wenige, ausgewählte Links von qualitativ hochwertigen, vertrauenswürdigen Quellen. Dies betont das Unternehmen immer wieder und möchte sich hier von der Konkurrenz in Sachen Verlässlichkeit der Antworten abheben.
Was bedeutet die neue Suche konkret für Heilberufler?
- Deine potenziellen Patienten suchen Antworten auf ihre Gesundheitsfragen immer häufiger direkt mit KI-gestützter Suche.
- Die berühmten „zehn blauen Links“ auf Google werden immer unwichtiger und bekommen weniger Klicks.
Ja, es stimmt: das moderne Such-Ökosystem beantwortet viele Fragen schon (in den Augen der Nutzer) ausreichend in den Suchergebnissen. Weniger Besucher auf der eigenen Webseite sind die Folge.
ABER: Wer klickt und deine Seite besucht, ist ein ernsthaft interessierter Besucher, auf dessen sehr viel konkretere Frage genau dein Inhalt gepasst hat. Die Chancen sind also höher, dass der Besucher auch tatsächlich zum Klienten wird.
Die neue Suche bedeutet also: Weniger Clicks, aber dafür vorqualifizierte, zu dir passende Anfragen.
Um den eigenen Erfolg in der Suche zu messen, sind Clicks also keine guten Indikatoren mehr. Dafür liegt das Augenmerk eher auf den gewonnenen Klienten und auf Erwähnungen/Zitierungen.
KI-Tools als digitale Erstberater: Gesundheitsfragen und Therapie sind führende Themen
Hier wird es besonders interessant für alle Heilberufler:
KI-Tools wie ChatGPT werden heute vor allem für zwei Bereiche intensiv genutzt: Als Suchmaschine für Gesundheitsfragen und als eine Art digitale Psychotherapie. Menschen fragen ChatGPT zum Beispiel:
- „Ich habe seit Wochen Magenschmerzen und Übelkeit. Was könnte das sein?“
- „Ich fühle mich leer und antriebslos. Wie komme ich da wieder raus?“
- „Mein Kind schläft nicht durch. Was kann ich tun?“
- „Ich habe Angst vor dem Vorstellungsgespräch morgen. Kannst du mir helfen?“
Viele Menschen nutzen KI-Tools also heute als Ersatz für professionelle Beratung. Sie holen sich medizinische Einschätzungen oder psychologische Unterstützung von einem Tool, das keine Ausbildung, keine Erfahrung und keine Verantwortung hat.
Was kann man tun?
Wir können diese Entwicklung nicht stoppen. Aber du hast die Chance, die Antworten zu beeinflussen, indem du als vertrauenswürdige Quelle wahrgenommen und gegebenenfalls zitiert oder verlinkt wirst.
Eigenschaften der gängigsten KI-Suchen
Google AI Overviews
- Mehrere Quellen fließen in eine Antwort ein
- Es gibt weniger Links zu weiterführenden Quellen bzw. den Quellen der generierten Antwort
- Die Antworten werden personalisiert (je nach Suchverhalten, Standort, etc.)
- Google AI Overviews greifen zur Antwortgenerierung weit über die klassischen Top‑10-Rankings hinaus:
• Sie berücksichtigen Inhalte aus dem Top 100 Ergebnisbereich, nicht nur den obersten zehn.
• Etwa 75 % der verwendeten Quellen stammen aus Platz 12 oder darüber, was die breite Quellebasis bestätigt.
Perplexity
Perplexity ist ein Hybrid zwischen klassischer Suchmaschine und LLM:
- Chatfunktion wie ChatGPT
- Aktuelle Websuche wie Google
- Sichtbare Quellenangaben (meist 4-5 pro Antwort)
- Suche ist personalisierbar durch:
- genaue Profileinstellung
Definitionsmöglichkeit für Antwortstile, Suchtiefe und Quellenbasis
Es gibt spezifische Suchmodi, mit denen du die Quellenbasis gezielt einschränken kannst: Academic, Social, Web, Video, u. a.
Hier gibt es vergleichsweise bessere Chancen, sichtbar zitiert zu werden.
Perplexity nutzt Chat GPT für seine «Denk»-Funktion und für die Internetsuche meist Bing statt Google, geht aber auch eigenständig auf die Suche.
ChatGPT
- Arbeitet per default nur mit seinen Trainingsdaten, die zuletzt in 2024 erweitert wurden. Wissensstand ist also 2024. Warst du da online schon aktiv?
- Menschen können die Websuche-Funktion oder die Deep Research Funktion nutzen und bekommen dann auch Linkquellen.
- Besucher auf die eigenen Website kommen also nur, wenn sie aktiv eine Websuche gestartet haben.
Social Media ist mittlerweile ebenfalls Suchmaschine für Gesundheitsfragen
Menschen suchen heute nicht mehr nur bei Google, Chat GPT oder in Fachportalen nach Gesundheitsinformationen, sondern nutzen auch die Suchfunktion der Social Media-Plattformen.
Eine Forbes Studie aus dem Jahr 2024 belegt, folgendes:
- Durchschnittlich 24% der Befragten geben an, primär Social Media für Suchen zu nutzen
- Je jünger die Nutzer, desto höher fällt diese Zahl aus: In der Gen-Z (1997-2006 geboren) sind es 46%!
Dabei sticht vor allem TikTok heraus.
TikTok mit seiner gut entwickelten Suchfunktion ist vor allem bei der Generation Z beliebt.
Was heißt das für Heilberufe?
Die Nachfrage nach Gesundheitsthemen findet auch auf Social Media statt. Es macht also durchaus Sinn, auch dort aktiv zu sein.
Was die neue Art zu suchen für deine Praxis bedeutet
Die gute Nachricht zuerst:
Die Nachfrage nach Gesundheitsinformationen war noch nie so hoch. Menschen suchen intensiver und detaillierter nach Lösungen für ihre Gesundheitsprobleme. Du kannst durch deine Onlinepräsenz an den richtigen Stellen dazu beitragen, dass man dich als Experten wahrnimmt und bucht.
Die Herausforderung:
Autorität und Vertrauenswürdigkeit, sowie auf die neue Suche adaptierte Inhalte sind die Grundvoraussetzungen, als Quelle genommen zu werden und sichtbar zu bleiben. Alle diese Faktoren gilt es zu berücksichtigen und auszubauen.
Meine konkreten Empfehlungen für Heilberufler
1. Lerne, mit der neuen Logik der KI umzugehen
Die Suche ändert sich, aber in gewissem Sinne nicht zum Schlechteren. Sie prämiert die echten Experten, und das könntest auch du als Chance sehen. Wie du genau du deine Chancen auf mehr Sichtbarkeit mit deinem Content erhöhen kannst, lernst du in meinem Beitrag „wie schreibe ich, um in der KI-Suche gefunden zu werden?„.
2. Baue Autorität auf
Autorität entsteht nicht durch Selbstbehauptung, sondern durch sichtbare Expertise:
- Arbeite daran, als eindeutige „Entität“ wahrgenommen zu werden – ein konkretes Zeichen für Google, dass du eine vertrauenswürdige Quelle sind. Mehr zu diesem sehr wichtigen Thema gibt es im Beitrag „Von der Entität zum Knowledge Graph“.
- Veröffentliche regelmäßig fundierte Inhalte. Nicht nur auf deiner Webseite und auf deinen Social Media Konten, sondern möglichst auch in Fachzeitschriften, Fach-Onlineportalen usw.
- Ergänze deine Inhalte mit eigenen Erfahrungen, Studien, Statistiken oder ähnlichem. Inhalte, die NUR du ergänzen kannst.
3. Denke über Google hinaus
Online-Sichtbarkeit ist ein Zusammenspiel mehrerer möglicher Kanäle:
- Google Business + Bing Places Profile für lokale Sichtbarkeit
- Social Media – empfohlene Plattformwahl je nach Zielgruppe, wie z.B. TikTok für die jüngere Generation, Meta für die ältere Generation usw.
- Email Marketing ist einer der wichtigsten und persönlichsten Kommunikationskanäle heutzutage, und er gehört zu den «owned media». Das heißt: es ist ein Kommunikationskanal, den dir niemand abdrehen kann!
Wie sagt man so schön? Lege nie alle Eier in einen Korb! Diese goldene Regel gilt auch für die Onlinepräsenz.
4. Sei geduldig
Sichtbarkeit in der KI-gestützten Suche entsteht nicht über Nacht, vor allem, wenn du jetzt erst mit deiner Onlinepräsenz startest. Es braucht Zeit, bis du als vertrauenswürdige Quelle wahrgenommen wirst. Aber wer jetzt anfängt, hat in einem Jahr einen enormen Vorsprung. Und: Während die Autorität in der KI-gestützten Suche langsam aber stetig wächst, wachsen andere Kanäle schneller. Alles ergänzt sich und geht in Symbiose miteinander.
Häufige Fragen zur neuen KI-Suche
Funktioniert klassisches SEO noch?
SEO ist immer noch wichtig und immer noch eine Grundvoraussetzung für die eigene Onlinesichtbarkeit. Es reicht aber nicht mehr und muss erweitert werden, wie zum Beispiel durch einzigartige Inhalte mit mehr Struktur und Qualität, sowie durch Arbeit an der eigenen Autorität und Vertrauenswürdigkeit.
Wie kann ich in Google AI Overviews erscheinen?
Hochwertiger, strukturierter Content, sowie das wahrgenommen werden als vertrauenswürdige Quelle helfen dabei, in den Google AI Overviews zu erscheinen. Es gibt keine Garantie, aber die Chancen steigen mit der Qualität der Inhalte und der Expertise des Autors.
Muss ich für Online-Sichtbarkeit auf allen Plattformen präsent sein?
Es macht wenig Sinn überall präsent sein zu wollen. Besser ist es, Kanäle je nach Zielgruppe gezielt auszusuchen und dort anzufangen.
Wie wichtig ist Social Media Präsenz für Heilberufe?
Social Media Plattformen sind strategisch sehr interessant für Heilberufe, da Menschen dort gezielt nach Gesundheitsinformationen suchen. Die Wahl der Plattform richtet sich nach der Frage, welche Zielgruppe man erreichen möchte.
Wie wichtig ist die eigene Autorität im KI-Zeitalter?
Google und andere Suchmaschinen vertrauen bevorzugt auf Inhalte von echten Experten. Google hat dafür z.B. eigene Bewertungskriterien, die so genannten «E-E-A-T», was für Experience, Expertise, Authoritativeness und Trustworthiness steht. Je weniger Platz es in den neuen Suchergebnissen gibt, desto wichtiger wird es, zu den hinzugezogenen Experten zu gehören.
Mein Fazit: Die Chance nutzen, bevor andere es tun
Die Veränderung in der Online-Suche ist nicht aufzuhalten, aber sie ist auch keine Bedrohung.
Wer jetzt anfängt, seine Online-Präsenz strategisch aufzubauen, wird in einem Jahr dort stehen, wo andere gerne wären. Die KI-gestützte Suche bevorzugt Qualität – und das ist doch genau das, was seriöse Heilberufler auszeichnet.